Die Ausbeutung des Proletariers passiert täglich mitten unter uns | 18.02.2005

Ich habe – als ich noch in Bamberg wohnte – auf der Arbeitsamtseite eine Arbeit als Metzgereigehilfe gefunden und mich dann bei der Firma XXX Fleischwaren GmbH um diesen Job beworben. Gleich am nächsten Tag, nachdem ich den Brief weggeschickt hatte bekam ich einen Anruf vom Sekretariat, in dem ich zu einem Persönlichen Bewerbungsgespräch eingeladen wurde.

Im Bewerbungsgespräch stellte sich heraus, dass ich zwar mit meinem Fachabitur und einer abgeschlossenen Lehre als Zentralheizungs- und Lüftungsbauer total überqualifiziert bin, wenn ich aber dennoch für 5,50 EUR pro Stunde arbeiten will, dann werde ich gerne für sechs Monate eingestellt. Ich gefiel dem Juniorchef auf Anhieb, weil ich groß und stark gebaut bin und deshalb auch schwere körperliche Arbeit verrichten kann - das hat er gleich im Bewerbungsgespräch gesagt. Da ich dringend eine Arbeit brauchte um meine Familie zu ernähren habe ich mich darauf eingelassen, weil mir in Aussicht gestellt wurde, dass ich später vielleicht mehr verdienen würde.

So fing ich erst einmal an Würstchen aufzuhängen. In der ganzen Großmetzgerei gab es, als ich anfing, gerade mal zwei gelernte Metzger und die zwei Meister (Junior und Senior) Alle anderen 25 waren nur Aushilfskräfte, von denen dann über 60% Rußlanddeutsche waren, die ja bekanntlich gute Arbeiter sind. Sie tun sich schwer mit der Sprache, also beschweren sie sich nicht und sind nie krank. Sie arbeiten einfach immer.

Da der Junior- und Seniorchef auch in der Metzgerei gearbeitet haben kam ich einmal mit dem Juniorchef ins Gespräch. Er erzählte mir, dass sie Ihre ganze Mannschaft alle sechs Monate austauschen und nur einen oder zwei der besten als Abteilungsleiter dann behalten. Wenn ich also bleiben wollen würde dann müsste ich der beste sein. Ich würde dann natürlich auch dem entsprechend mehr verdienen.

Mit mir wurden auch vier andere junge Männer eingestellt. Sie alle kamen vom Arbeitsamt und machten ein zwei wöchiges Praktikum. Wobei sie genau das gleiche wie ich gearbeitet haben, nur dass sie von der Metzgerei kein Geld bekommen haben sondern vom Arbeitsamt. Sie hatten eigentlich auch gar keine Aussicht auf eine Einstellung, so wie der Chef sprach sondern würden hier nur ihr Praktikum, welches sie absolvieren müssen um ihr Arbeitslosengeld zu behalten, absolvieren.

Nach und nach kam ich auch mit den anderen Mitarbeitern ins Gespräch, und es wurden noch einmal vier Männer eingestellt. Im Endeffekt waren von den 40 Leuten die dort täglich gearbeitet haben mindestens 22 nur im Praktikum. Manchen wurde dann doch ein sechsmonatiger Job angeboten, aber so wie bei mir zu 5,50 EUR die Stunde. Das aber erst nachdem sie die zwei Wochen kostenloses Praktikum absolviert haben. Sie konnten das aber nicht annehmen, da sie dann weniger verdient hätten als sie Arbeitslosengeld bezogen haben und es nicht einmal für die Miete gereicht hätte, geschweige denn für Essen, Auto und Genussmittel.

So hat einer der Mitarbeiter die Zusage bekommen, dass er dort arbeiten kann, nach den zwei Wochen Praktikum. Als die zwei Wochen vergangen waren ging er zum Chef und bat um einen Arbeitsvertrag. Der vertröstete Ihn auf den nächsten Tag. Am nächsten Tag war keine Zeit für so etwas weil es sehr viel zu tun gab. Einen Tag drauf war der Senior Chef nicht da, so ging es geschlagene sieben Arbeitstage, bis dieser Arbeiter sagte, dass er entweder jetzt seinen Arbeitsvertrag haben will, oder er würde gehen. Er habe keine Lust mehr umsonst zu arbeiten. Also ließen sie ihn gehen.

Die Firma macht es also so, dass sie alle sechs Monate die ganze Belegschaft bis auf 5-6 Stammarbeiter entlässt und sich vom Arbeitsamt neue schicken lässt, für die sie dann wieder Subventionen bekommt. Außerdem muss jeder von denen mindestens zwei Wochen umsonst für die Firma arbeiten. Das sind bei 30 Leuten 60 Kalenderwochen. Das ist eine Festeinstellung für einen Menschen für über ein Jahr! Das bekommt die Firma vom Arbeitsamt geschenkt.

Warum da keiner etwas dagegen macht? Ich weiß es nicht. Die Damen und Herren vom Arbeitsamt sind anscheinend froh, dass sie wieder einmal für 30 Leute ein Praktikum mit Aussicht auf Einstellung erobert haben. Da ist es ja auch schön, dass das sich alle sechs Monate wiederholt.

Am Anfang als noch sehr viele der Praktikanten da waren musste ich immer schon gegen 12:00 Uhr Mittags nach hause gehen, weil es nicht genügend Arbeit gab. Diese Arbeit haben nämlich die Praktikanten gemacht nachdem ich weg war. Als es dann immer weniger Praktikanten gab durfte ich jeden Tag 12-14 Stunden arbeiten - wie gesagt für 5,50 EUR die Stunde - da es sich für die Firma nicht lohnt mehrere Schichten an der Maschine einzuführen und somit mehreren Leuten einen Arbeitsplatz zu bieten. Lieber lässt man die Leute für die man sowieso schon Lohnnebenkosten bezahlt länger arbeiten.

Ich bekam dann aufgrund der hohen einseitigen Belastung eine Sehnenscheidenentzündung und habe auf anraten meiner Hausärztin diese Firma verlassen. Mein Lohn kam dann zwei Monate später auf mein Konto.


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