Für das Leben gezeichnet - der zweite Weltkrieg aus der eigenen Perspektive | 04.11.2004

Ich bin sehr bedrückt und traurig, dass mir und vielen meiner Freunde ein solches Schicksal widerfahren ist. Wir, die bis heute leben und in den Jahren des Krieges dienten, sei es bei der Wehrmacht, oder anderen Formationen, ich weiß nicht ob ich hier alle aufzählen soll. Wir alle waren Opfer unseres Schicksales.

Niemand fragte uns ob wir wollen oder nicht, jeder musste. Ob alt ob jung, gesund oder krank - alle wurden wir gleich als Kanonenfutter und Frischfleisch, für die dreieckigen Bajonette der Bolschewiken, an der Ostfront verfüttert.

Unter Hunger und Kälte, mit abgefrorenen Lippen, Füßen und Händen - damals nannte man uns Helden des Blutes und der Ehre. Wir haben für das Groß Deutsche Reich gekämpft, für Groß Vaterland. Gesättigt mit dem Geist des Sieges kämpften wir bis zur letzten Patrone und bis zum letzten tropfen Blut.

Wir zahlten den höchsten Preis für unsere Leben und den Tod. Erstochen und erschlagen mit Bajonettes, und Kolben, exekutiert durch Erschießung. Nur unzählige haben wie durch Gottes Wunder zwischen Himmel und Hölle überlebt.

Ich und mein Freund Masny aus Neu Bierun, waren zwei von denen, die diese Hölle durchlebt hatten. Es war eine Tragödie für mich und für viele andere, die auf dem Platz der Ehre ihr Leben hingegeben haben und sich auf dieser Frontlinie befunden haben.

Modliner Brückenkopf war es, wo wir nach vier Tagen ungleicher Kämpfe hungrig, ausgelaugt und ohne Munition - umzingelt von allen Seiten von Bolschewiken, von denen es wie in einem Ameisenhaufen nur so wimmelte - kapitulieren mussten.

Wir waren in einer ausweglosen Situation. Wir flehten um die Unterstützung der Artillerie, welche es schon lange nicht mehr auf den befehlshabenden Plätzen gab. Es war für uns ein Augenblick des Grauens, der Verzweiflung und des Wehklagens. Sie haben uns alleine zum Fraß durch die Bolschewiki, des so genannten »Roten Todes«, gelassen.

Einige nahmen sich das Leben weil sie nicht in die Hände des Feindes fallen wollten. Ich bin nicht in der Lage das zu beschreiben, dies war ein Erlebnis welches so niemand von uns erwartet hatte. Wir hatten überhaupt keine Chance aus dieser Hölle zu entkommen.

Es gab keine Luft zum atmen, so sehr stank es nach Kot, Erbrochenem. Kopfschmerzen und Zitteranfälle, weil uns nur Sekunden vom »Roten Tod« trennten. Einige verloren da ihren Verstand, wurden verrückt. So blieb es mir bis heute im Gedächtnis und ich denke dass ich das bis zum Ende meines Lebens nicht vergessen werde, man kann das nicht vergessen.

Ich weiß nicht wie es passierte dass wir überlebt haben. Dank nur und ausschließlich Gott welcher uns vor diesem grausamen Rotem Tode beschützt hatte, denn außer ihm gab es niemanden, der dies so geschehen machen konnte.

Erst später als sie uns in Richtung Russland - wo sich unser Gefangenenlager befunden hatte - wie Vieh getrieben haben, nahmen sie uns unsere Filsstiefel weg und ließen uns barfuß am 15.01.1945, laufen. Es war Winter bis zu -36°C kalt, und die letzte Offensive auf der Ostfront. Da kreisten sie Berlin ein und der Krieg ging zu ende.

Ich blieb im Lager »Breslitowsk« wo ich dann wegen Krankheit entlassen wurde. Ich hatte Lendenentzündung und Entzündungen der Gelenke in den Händen. Somit war ich nicht Arbeitsfähig. Im Oktober 1945 kamen wir in Poznań an. Dort haben sie uns verladen, unsere Personalien aufgenommen und uns unsere russischen Entlassungspapiere - die auf einem Stück Papier eines Zementsackes mit Bleistift geschrieben wurden - weggenommen. Wir bekamen neue Papiere für eine Fahrt mit der Bahn PKP zu unserem Heimatort.

Ich kam barfuß in der Gemeinde Neu Bierun an. Ich war nicht in der Lage irgendeine Art von Arbeit anzunehmen. Meine Mutter bekam aber nur 160zł Rente im Jahr 1946 und im Jahr 1947 schon ein wenig mehr 270zł. Mit diesem Geld hat sie mich kuriert und genährt.

Erst nach zwei Jahren der Krankheit konnte ich eine Arbeit in der Kohlengrube Ziemowit, der so genannten Güntergrube annehmen. Dort arbeitete ich bis zum Jahre 1978 im Oktober. Seit diesem Zeitpunkt bin ich auf einer Invaliden- und Altenrente.

Passphoto eines 75 Jährigen Dies war ein Tagebucheintrag, den mein Großvater kurz vor seinem Tode schrieb.

Robert Pannek
* 22.03.1926 in Laurahütte
† 15.03.1999 in Neu Bierun
Erkennungsmarke: -2535- Stmm.Bttr.A.E.u.A.A.m.54
Truppenteil: lt. Meldung vom 5.7.1944 6./Gren.Rgt 186

Eine Bescheinigung über die Wehrdienstzeit bei der Wehrmacht


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