Einheitsspache für die Wissenschaft 29. February 2012 um 17:53 Uhr / Censure
Vor ein paar Jahren habe ich bei Molily im Beitrag Nachrufe auf XHTML 2 diesen Absatz gelesen:
… Die verlinkten Artikel sind nicht zufällig alle auf Englisch – der entscheidende Diskurs über Webentwicklung findet in der englischen Sprache statt, und wird hauptsächlich von muttersprachlichen Akteuren getragen, hauptsächlich US-Amerikaner, Briten und Kanadier. Diese Lingua Franca erlaubt es, dass prinzipiell Menschen aus aller Herren Länder daran teilhaben können, schließt aber all jene aus, die ihr nicht mächtig sind. Im Entwicklungsland Deutschland sind es sehr viele Webautoren, deren rudimentäre Englischkenntnisse es nicht erlauben, längere englische Texte zu lesen und zu verstehen – geschweige denn, Inhalte auf Englisch zu publizieren, sodass sie für ein größeres internationales Publikum verständlich sind. Das ist sehr schade und zeigt, wie wichtig allgemein verständliche Dokumentationen, Fachartikel und Übersetzungen sind, die den Diskussionsstand aus den englischsprachigen Fachkreisen in andere Sprachräume tragen. …
Ich stimme volkommen mit Molily überein und habe dann noch als Kommentar hinzugefügt:
Kann mir mal einer erklären warum das so ist? Ich habe nie verstanden wie man sich - vielleicht sogar beruflich - mit Computern beschäftigen kann ohne Englisch zu können. Ich und Englisch hatten auch keinen so guten Start, als ich in die 5. Klasse in die Hauptschule kam und angefangen habe Englisch zu lernen ging das gar nicht mal so gut, weil ich dies auf Deutsch machen musste und ich gar kein Deutsch konnte. Das wirkte sich auf meine Englischkenntnisse während der ganzen Hauptschulzeit aus.
Dennoch, als ich dann die BOS gemacht habe und mir einen Computer zulegte ging das dann eigentlich recht flott und ich habe, auch wenn ich nicht wirklich alles verstand, vor allem Blogs auf englisch zum Thema HTML/CSS gelesen. Nach ein paar Monaten hatte ich dann gar keine Probleme mehr beim Lesen.
Und heute schickte mir Molily via Twitter zur allgemeinen Belustigung einen Screenshot von einem Kommentar darauf aus seinem Blog, den er aber nicht veröffentlichen wollte (was ich durchaus verstehe) und gelöscht hat. Ich wollte aber eigentlich auf diesen Kommentar antworten und schrieb eine E-Mail an die Adresse die dort angegeben war, leider kam diese umgehend zurück, da anscheinend die E-Mail-Adresse falsch angegeben wurde. Deshalb veröffentliche ich es jetzt hier, erst mal der Screenshot und dann meine Antwort darauf.
Hallo,
Ich habe mitbekommen dass du auf meinen Kommentar bei http://molily.de/weblog/xhtml-2-nachrufe geantwortet hast, dieser ist leider noch nicht veröffentlicht, ich hänge mal den screenshot an den ich bekommen habe. Ich versuche mal zu antworten.
Die Sprache der Wissenschaft war schon immer vereinheitlicht, irgendwann früher mal griechisch, dann Latein, später Deutsch und seit dem zweiten Weltkrieg Englisch. Und das ist auch gut so, damit sich Spezialisten auf der ganzen Welt gegenseitig verstehen. Es gibt pro Land gar nicht so viele Leute die sich gegenseitig austauschen können, da sind Specialisten aus anderen Ländern überaus willkommen.
Informatik ist ein solches Spezialgebiet. Deshalb benutzt man auch diese Einheitssprache, die zur Zeit Englisch ist. Es ging mir ja nicht darum von allen Leuten die einen Computer benutzen wollen zu verlangen dass sie erst mal Englisch lernen, sondern von den Spezialisten die diese Maschinen programmieren. Es wäre Unsinn jede Dokumentation in allen Sprachen der Welt vorzuhalten, das ist gar nicht machbar.
Von einem Spezialisten erwarte ich aber dass er die Sprache zumindest versteht in der eine überwältigende Mehrheit der Texte zu dem Thema verfasst sind; ich kann ihn sonst als Spezialisten nicht ernst nehmen, da er ja kaum Literatur zu diesem Thema gelesen haben kann und somit per Definition kein Experte/Spezialist auf diesem Gebiet sein kann.
Ich kann übrigens auch nicht nachvollziehen warum eine einheitliche Sprache der Wissenschaft etwas schlechtes sein sollte. Was wäre denn die Alternative? Wenn jeder in seiner Muttersprache publizieren würde müsste man als Spezialist alle Sprachen der Welt kennen um darüber zu lesen worauf andere gekommen sind, das halte ich für unpraktikabel und nicht wünschenswert, das würde uns in der Entwicklung extrem bremsen und vieles gar unmöglich machen. Das erlernen einer zusätzlichen Sprache dagegen halte ich für einen vertretbaren Aufwand.
Was die beste einheitliche Sprache wäre, darüber kann man theoretisch diskutieren, aber das wird nichts daran ändern dass es zur Zeit Englisch ist.
Ich empfehle mal diesen Vortrag sich mal anzuschauen warum es gut ist dass wir eine Einheitssprache zumindest schon einmal für die Wissenschaft haben:
Man kann im Video dann einstellen dass man deutsche Untertitel haben möchte
/Jeena
Kommentare
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Max schrieb am 12.03.2012
Zum Glück ist das eine Minderheitsmeinung. Aber gut reagiert ;-)
Das Schöne an Englisch ist ja eigentlich, dass es nicht wirklich kompliziert ist. Bisher ist mir jedenfalls keine Sprache untergekommen, die so leicht zu merken/lernen wäre, auch durch Learning by doing mit Online-Artikeln. Wer wollte, der könnte es problemlos lernen aus meiner Sicht. Natürlich wäre es schön, wenn es eine rege deutsche Community gäbe. Aber im Zweifelsfall berappe ich lieber mein Englisch und bekomme viele Anregungen, als dass ich aus lauter Verbohrtheit in meinem eigenen Süppchen koche und nichts lerne...
Niklas schrieb am 20.03.2012
Es gibt ja immer wieder aberwitzige Versuche, Esperanto zum Beispiel.
Englisch ist aber einfach die sinnvollste Lösung. Leicht zu lernen, international, von vielen gesprochen. Allerdings finde ich es auch wichtig, dass zumindest die Grundvokabeln auch auf Deutsch präsent sind.
Lämmlein aus Deutschland schrieb am 22.03.2012
Esperanto fand ich persönlich einfach von der Idee her gut. Eine neue Sprache für alle Menschen. Aber ich glaube das sich sowas einfach nicht durchsetzen kann.
Ob nun zum Programmieren oder auch nur beim einfachen Surfen im Internet. Englisch bleibt die Nummer eins...
Anonym schrieb am 27.03.2012
Klar, die Idee ist einleuchtend, vermutlich haben sich schon ziemlich viele zumindest mal die Frage gestellt, warum es sowas nicht längst gibt. Aber wie du sagst, es wird sich schlicht und ergreifend nie durchsetzen. Die Sprachvielfalt hat ja durchaus auch etwas schönes und wenn man genau überlegt, hat Englisch ja längst das erfüllt, was Esperanto je sein sollte. Man könnte Esperanto ohnehin nie besser lernen als Englisch, weil es keine Muttersprache ist. Und der Vorteil ist, dass man immerhin Literatur etc. hat, mit der man spielerisch übt.
Lucas aus Deutschland schrieb am 09.04.2012
Ich ärgere mich heute noch, dass ich im Englisch Unterricht nicht so gut aufgepasst habe. Das hindert einen total im Berufsleben. Wir hatten auch erst ab der 5. Klasse Englisch, was doch sehr sehr schade ist. Im Erwachsenen alter ist es schon sehr schwer, da wieder richtig rein zu kommen.
Thomas schrieb am 29.04.2012
Englisch ist wirklich eine sehr einfache Sprache und viele sprechen diese. Ich persönlich mag die Sprache auch sehr, weil Sie irgendwie "sanft" ist, wenn man diese einmal z.B. mit russisch vergleicht , welche doch sehr hart in der Aussprache ist.
Gerd aus Darmstadt schrieb am 30.04.2012
Das ist schon richtig. Englisch wird immer wichtiger in unserem Leben. In vielen Informatikkurse an unserer Uni sind die Folien schon in Englisch. Da lernt man es nebenbei. Ich finde es gut.
André schrieb am 06.08.2012
Es gab mal eine Einheitssprache für die Wissenschaft - Deutsch, welche jedoch ihre Bedeutung nach dem ersten Weltkrieg als führende Sprache der Wissenschaft verloren hat. Inzwischen wird in der Regel Englisch kommuniziert.
Ich selbst nehme mich da nicht raus, da ich mit meiner zukünftigen Frau ebenfalls aktuell nur Englisch sprechen kann.
Auch wenn die Englische Sprache sehr wichtig ist, sollte man am Ende aber nicht vergessen, dass die meistgesprochene Muttersprache in der EU weiterhin Deutsch ist. Ganz sollte man unsere Muttersprache also nicht fallen lassen, jedenfalls im Bezug auf die EU.
Luisa aus München schrieb am 14.11.2012
Ich bin auch dafür. Derzeit lerne ich auf Englisch und Deutsch die gleichen Thematiken, Arbeitsaufwand und Produktivität halten sich dabei aber in Grenzen. Deswegen: je früher, desto besser. Und ohnehin finden sich jetzt schon viele Anglizismen in unserer Sprache. Warum dann nicht also von Anfang an?
Peter Demel aus Heidelberg/Deutschland schrieb am 03.08.2013
Hallo,
ja, Englisch ist schon mal wichtig, aber nur wenn man es braucht.
Und es ist überhaupt nicht einfach gut Englisch zu sprechen.
Ich bin der Meinung, wenn man es nicht braucht, soll man es auch nicht lernen.
Englisch wird viel gesprochen: UK, USA, Indien und natürlich im Urlaub (überall). Die meist gesprochene Sprache der Welt ist aber Chinesisch.
Wenn man in einem Land leben will, soll man auch die Landessprache lernen und wenn man denkt, dass Englisch reicht, da täuscht man sich.
Jeena Paradies aus Varberg / Schweden schrieb am 03.08.2013
Also ich stimme dir zu dass man die Landessprache lernen soll, dennoch, ich kenne praktisch keine Person von der ich denke dass sie Englisch nicht gebrauchen könnte.