Weiterbildung 03. November 2008 um 17:49 Uhr / Censure
Gerade las ich bei Manuel Blieh Deutschland seine Bürger und deren Auffassung von Weiterbildung und Arbeitsleben, sehr empfehlenswert. Lest euch den mal durch und kommt dann zurück, ich werde dann auch ein paar Worte dazu sagen.
…
Fertig? Ok, Manuel nimmt mir die Wörter aus dem Mund, denn auch ich ärgere mich schon seit einiger Zeit ob der Attitüde vieler meiner Mitmenschen. Mein Vater zum Beispiel arbeitet in einer Fabrik die Autoteile herstellt. Seit Jahren erzählt denen der Arbeitgeber dass sie große Teile der Fabrik in die Tschehei verlegen müssten, da diese Art von Arbeit in Deutschland einfach nicht mehr rentabel sei.
Da denkt man sich, wenn die Gefahr den Job zu verlieren schon so real ist, dann werden sich die Leute doch langsam Gedanken machen was sie "danach" machen werden. Aber was passiert stattdessen? Alle jammern nur herum dass es ihnen ach so schlecht geht und dass die Politik an allem Schuld ist usw. usf. aber kaum einer versucht auch nur Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen und über den Tellerrand zu gucken um sich in irgend einer Art weiterzubilden um im Falle des Falles weiter vorne zu sein als seine Mitstreiter und sich den nächsten Job zu sichern.
Viele dort haben sogar irgend eine Art Ausbildung zum Heizungsbauer, Zimmermann oder Elektriker, arbeiten aber schon seit Jahren an einer und der selben Maschine und scheinen ganz und gar verlernt zu haben eigene Entscheidungen zu treffen und ein bidschen in die Zukunft zu gucken.
Es gibt auch Ausnahmen wie meinen Vater, der sich aus eigener Kraft von der Maschine losgelöst hat und über den Umweg der Schlosserei mittlerweile nach einigen Kursen Wachmann geworden ist, aber das sind ganz seltene Ausnahmen.
Weil Manuel ja auch nach mir fragt; Ich habe eine Ausbildung zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, danach habe ich in der gleichen Fabrik wie mein Vater gearbeitet, bei der ich dann nach 3 Jahren selbst gekündigt habe, da ich darin keine Zukunft sah, es hat sich in den 3 Jahren garnichts für mich verbessert, es wurde nur tag für tag langweiliger. Daraufhin habe ich Gymnasium nachgeholt und mich selbständig im Bereich Webentwicklung gemacht, nebenbei habe ich noch Erwachsenenbildung gemacht (Mathematik. Englisch und Schwedisch). Da ich zwar ein schlechter Verkäufer aber guter Techniker war, habe ich meine Selbständigkeit aufgegeben und nahm einen sehr gut bezahlten Job in dieser Branche an. Diesen habe ich letztens wieder aufgegeben um mich auf mein "Computer Science" Studium zu konzentrieren, denn ich habe gefühlt, dass ich auf der Arbeit nicht weiterkomme und wieder Stagnation Einzug hielt.
Jetzt schon am Angang meines Studiums habe ich die Sicherheit, dass ich am ende einen gutbezahlten und interessanten Job bekomme, denn es sind schon einige Firmen an mich herangetreten, und das trotz Wirtschaftskrise und Konjunkturtief.
Meine Botschaft ist also: Keine Angst vor Veränderung! Sie kommt so oder so, je früher ihr das aber selbst in die Hand nehmt desto besser könnt ihr sie in die gewünschte Richtung lenken.
Kommentare
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Nachtschwärmer schrieb am 05.11.2008
Klar, den Hintern hochkriegen, sich etwas zutrauen, etwas unternehmen und sich auch noch den Realitäten stellen, alles richtig. Auch ein Prinzip der fortwährenden Weiterentwicklung scheint erstmal selbstverständlich.
Ganz so einfach ist aber die Bewertung dann doch nicht. Wobei es keine grundsätzliche Kritik an Bildung und Weiterbildung sein soll, gerade Weiterbildung hat sehr viele Vorteile, sondern der Wunsch nach einer etwas differenzierteren Betrachtung.
Über 20 Jahre hatten oder haben wir (Deutschland/Eurozone) eine restriktive Zinspolitik, die den Binnenmarkt belastet und trotz einiger Kostensteigerungen die meiste Zeit die Auswirkungen einer Deflation mit sich brachte, natürlich zu Lasten der Beschäftigung. Und gerade die schnell geforderte Weiterbildung dient häufig zunächst der Schönung der Arbeitslosenstatistiken; Bildungsmaßnahmen als Verwahranstalt. Zuletzt kommt dann für die Weiterbildungswilligen womöglich auch noch das Schreckgespenst der Überqualifikation mit schlechteren Chancen am Arbeitsmarkt.
Die Lage ist natürlich besonders abhängig von der demografischen Situation. Die geburtenschwachen Jahrgänge, z.B. 1985, dürften so oder so zunehmend bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Die klassischen geburtenstarken Jahrgänge, 1955 bis 1965, haben hingegen das Problem eines Überangebots an Arbeitskräften, dazu altersbedingt zunehmend schlechtere Chancen auf dem diskriminierenden Arbeitsmarkt. Dabei hat besonders diese Generation gerade im Zusammenhang mit zusätzlichen Ausbildungen noch verschiedene Belastungen erfahren, nachträgliche staatlich verordnete Rentenkürzungen oder -lücken, etwa durch nachträglich verringerte Anerkennung von Ausbildungszeiten, oder die Umstellung des BAföG auf Volldarlehen in der Zeit von 1983 bis 1990.
Zuletzt wurden auch noch unter hohen Kosten erarbeitete Abschlüsse wie der Meistertitel mehr oder weniger wertlos, ohne dass ein Ausgleich stattgefunden hätte, und ohne dass andere Berufsgruppen ebenfalls an solche Marktbedingungen angepasst worden wären. Grundsätzliche Weiterbildungseuphorie und Freude, womöglich auch noch ausgerechnet über das Meisterbafög, mag da nicht aufkommen.
wario aus Wien schrieb am 19.11.2008
Du sprichst mir total von der Seele. Hatte auch 7 Jahre lang einen sehr gut bezahlten Job in einer großen Firma. Leider ohne Zukunftsperspektive oder jegliche Abwechslung.
Ich habe jetzt den Schlussstrich gezogen und eine neue Ausbildung angefangen.
Viele jammern über ihren Job aber die wenigsten trauen sich auch das zu ändern. Mann muss halt den willen haben was neues zu probieren und vielleicht auch daran zu scheitern. Aber besser etwas probiert haben und scheitern, als nie wissen ob man es geschafft hat.
Ist bei mir zumindest so.
Bis jetzt hab ich den Schritt nicht bereut auch wenn ich unheimliche Geldeinbußen habe. Dafür mache ich jetzt etwas was mich auch geistig zufriedenstellt.
at schrieb am 23.11.2008
Ich teile zwar die Ansicht über lebenslanges Lernen, aber mit einer Sache bin ich sehr viel vorsichtiger und kann dazu auch nur jedem anderen raten: Geht nicht von euch selbst aus, wenn ihr von anderen etwas fordert. Wer die individuellen Fähigkeiten seines Gegenübers nicht einzuschätzen vermag, sollte seine zweifellos gut gemeinten Ratschläge sehr gering dosieren. Insbesondere dieses "Ich habe es geschafft, dann kann es jeder" ist oft sogar kontraproduktiv, da es keine Rücksicht auf die Lebensumstände des Einzelnen nimmt und sich dieser dann noch weniger verstanden fühlt. Also lieber ein individueler Tipp an einen guten Bekannten als eine allgemeine Forderung an wer weiß wen.